Lernen und Gehirn – Teil 1: „Bau des Gehirns“

Lernen und Gehirn

Das Gehirn ist ein Teil unseres Zentralnervensystems und kann als Steuerzentrum für alle im Körper ablaufenden Prozesse betrachtet werden. Es ist in der Lage unser Verhalten den wechselnden Lebensbedingungen auch langfristig anzupassen. Diesen Prozess bezeichnet man als Lernen.
Der erste Teil dieses Themas gibt einen Überblick über den Bau des menschlichen Gehirns und die Funktionen der verschiedenen Gehirnbereiche. Dabei liegt der Schwerpunkt auf den Bereichen, die für Lernen und Gedächtnis von Bedeutung sind. Daran schließt sich im zweiten Teil ein genauerer Blick auf das Gedächtnis an. Der dritte Teil beschäftigt sich mit der Neurobiologie des Lernens, gefolgt von Unterschieden bei den Lernprozessen von jungen und älteren Menschen im vierten Teil. Zwischen den Sachtexten finden sich immer wieder gute Tipps, um das Gehirn fit zu halten oder Lernleistungen zu optimieren!
Abstrakte Grafik von den Vernetzungen im Gehirn

Teil 1: „Bau des Gehirns“

Das menschliche Gehirn

Das menschliche Gehirn wiegt durchschnittlich 1,35 Kilogramm, das sind nur etwa 3% des Körpergewichts. Das Gehirn verbraucht aber rund 20% des Energieumsatzes für seine Funktionen, es ist also ein Luxusorgan.
Obwohl das männliche Gehirn etwa 120 Gramm schwerer ist als das weibliche, gibt es keinen Zusammenhang zwischen der Größe des Gehirns und der Leistungsfähigkeit.
Das Gehirn des Menschen besteht wie alle Gehirne aus Nervenzellen (Neurone): 60 bis 100 Milliarden Nervenzellen und mindestens doppelt so viele Stütz- , Hilfs- und Nährzellen, die sogenannten Gliazellen, deren Funktionen für die Informationsverarbeitung noch nicht vollständig aufgeklärt sind.
Nervenzellen verfügen über ganz spezielle Eigenschaften, die es ihnen erlauben elektrische und chemische Signale zu empfangen, zu verarbeiten und weiterzuleiten. Diese Signale erhalten sie von den Sinnesorganen Auge, Ohr, Nase, Zunge, Haut und von Muskeln, Gelenken, und Eingeweiden. Die verarbeiteten Signale werden abgegeben an Muskeln, Haut und Drüsen.

Mein tipp

Damit Nervenzellen die Signale richtig schnell weiterleiten können, müssen sie von einer isolierenden Schicht umwickelt sein, der sogenannten Myelinscheide. Dieses Myelin besteht zu 70% aus Fetten und fettähnlichen Stoffen. Um unser Gehirn flott zu machen, müssen wir es also mit ausreichend Baustoffen für die Myelinscheide versorgen. Zu diesen Baustoffen gehören u.a. die viel zitierten ungesättigten Fettsäuren (vorwiegend Omega-3-Fettsäuren). Für die Funktionen der Nervenzellen sind aber auch die B-Vitamine wichtig.
Das menschliche Gehirn ist in sechs Teile gegliedert: verlängertes Mark, Brücke, Kleinhirn, Mittelhirn, Zwischenhirn und Großhirn. Gemeinsam mit dem Rückenmark bildet das Gehirn das zentrale Nervensystem. Mittelhirn, Brücke und verlängertes Mark werden als Hirnstamm bezeichnet. Der Hirnstamm ist der evolutionsbiologisch älteste Teil des Gehirns und steuert überlebenswichtige Funktionen wie zum Beispiel Atmung, Blutdruck, Reflexe etc. Das Kleinhirn ist neben Bewegungen des Körpers auch an vielen kognitiven Leistungen wie Sprache und Denken beteiligt.
Abbildung vom Gehirn

Das Großhirn ist in zwei Hälften unterteilt, die Hemisphären, die über den Balken (Corpus Callosum) miteinander verbunden sind. Die rechte Gehirnhälfte steuert die linke Körperseite, und die linke Gehirnhälfte steuert die rechte Gehirnhälfte.

Im Großhirn werden die unzähligen über die Sinnesorgane aufgenommenen Signale ausgewertet und uns als Sinneswahrnehmungen bewusst. Im Großhirn befindet sich auch das Langzeitgedächtnis.

Gehirn mit unterschiedlich farbigen Bereichen

Die Großhirnrinde, auch Cortex genannt, ist nur wenige Millimeter dick und wird in vier verschiedene Bereiche unterteilt:

  • Stirnlappen (rot)
  • Scheitellappen (gelb)
  • Hinterhauptlappen (grün)
  • Schläfenlappen (blau)

Hier entstehen Bewusstsein, Denken, Vorstellung, Erinnern, Handlungsplanung und Sprache.

Im Hinterhauptlappen wird ein Großteil der Sehinformationen verarbeitet, während im Scheitellappen Berührungen der Haut und räumliches Vorstellungsvermögen repräsentiert sind. Der Schläfenlappen dient der Lautwahrnehmung und mentalen Objekterkennung. Hier bekommen Wörter ihre Bedeutung. Der bei Menschen auffällig große Stirnlappen ist die oberste Steuerzentrale für Bewegung, Handlung, Impulskontrolle, Denken und Planen. Hier ist auch das Arbeitsgedächtnis lokalisiert.

Im Inneren des Großhirns sind verschiedene Strukturen um das Zwischenhirn herum angeordnet, die als das limbische System bezeichnet werden. Das limbische System steuert neben angeborenem Verhalten unsere Motivation und Emotionen. Für Lernprozesse besonders wichtig sind hier der Hippocampus und die Amygdala (Mandelkern): der Hippocampus steuert die Übertragung von Inhalten aus dem Arbeitsgedächtnis in das Langzeitgedächtnis, und die Amygdala ist an der Entstehung von negativen Gefühlen und dem emotionalen Lernen beteiligt. Deshalb hängt Lernen ganz eng mit unseren Emotionen zusammen und geht dann am besten, wenn positive Gefühle im Lernprozess mitspielen.

Mein tipp

Zur Koordination der beiden Gehirnhälften und somit zur Verbesserung der Gehirnleistung werden sogenannte Brain-Gym-Übungen empfohlen. Bei diesen Übungen werden rechte und linke Körperteile über Kreuz bewegt, also rechte Hand zum linken Bein, linke Hand zum rechten Bein usw. Ein wissenschaftlicher Beweis zur Wirksamkeit dieser Übungen auf die Gehirnleistung konnte bisher allerdings nicht erbracht werden.

Bewiesen ist aber, dass jede Form von Bewegung die Versorgung und Leistung des Gehirns verbessert, also kann man auch Überkreuzbewegungen machen. In jedem Fall fördern sie die Bewegungskoordination!

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